Eine Sekunde, ein kurzer Augenblick kann alles ändern…
Am Samstag war ich auf der A2 unterwegs Richtung Bielefeld. Es hat schon geregnet als ich losgefahren bin. Auf der Autobahn wurde es dann schlimmer. Es schüttete wie aus Eimern und die Sicht war ziemlich eingeschränkt. Die Autobahn war gut voll und ich war auf der linken Spur unterwegs als wie aus dem Nichts eine riesen Welle Wasser von der Gegenfahrbahn über die Zwischenwand auf mich zukam. Panik stieg in mir auf. Ich wollte noch Gas geben, um da irgendwie durchzufahren, aber dann platschte das Wasser schon auf mein Auto und für eine Sekunde war da nur Wasser und sonst nichts.
Gott sei Dank ist mir nichts passiert, sonst würdet ihr diese Zeilen vermutlich nicht lesen…aber ich konnte die restliche Autofahrt an nichts anderes mehr denken. Wie schnell das Leben vorbei sein kann oder völlig anders und dass wir zwar versuchen immer alles zu kontrollieren, aber manchmal einfach machtlos sind. Wie wichtig eigentlich die Zeit ist und wie unbedacht ich oft damit umgehe. Wir leben manchmal als würden wir ewig Leben. Als hätte unser Leben kein Verfallsdatum.
26.280.000 Minuten habe ich noch, wenns gut läuft. Ausgehend von einem durchschnittlichen Lebensalter von 83 Jahren bei Frauen in Deutschland. Klingt im ersten Moment vielleicht gar nicht so wenig. Aber wenn man bedenkt, dass ich allein 150 min ca. daran sitze diesen Beitrag für euch zu schreiben, ist es doch nicht wirklich viel. Männer leben im Durchschnitt nur 78 Jahre. Wenn ich das auf meinen Mann beziehe, haben wir noch 22.600.800 Minuten gemeinsam. Wobei er die meisten Minuten auf der Arbeit oder auf dem Weg dahin verbringt :D. Also eigentlich viel weniger.
Und wer garantiert mir, dass ich noch 18.250 Tage habe? Vielleicht habe ich noch 16.300, vielleicht 5.674 und vielleicht auch nur noch 165 Tage….Wie viele schöne, anstrengende, entspannte, lustige Momente erlebe ich noch mit meinem lieben Mann, meinen super Kindern, meinen tollen Freunden, Geschwistern und Eltern? Ich hoffe, ganz ganz viele! Bis wir alle alt und grau und schrumpelig mit den Dritten am Tisch sitzen und uns über die guten, alten Zeiten unterhalten und hoffentlich über die vielen coolen, aufregenden, lustigen Momente, die uns zusammengeschweißt haben. Das wäre schön!
Wenn wir nicht wissen, wie lange wir die Welt mit unserer herausragenden Persönlichkeit beglücken dürfen, stellt sich nur die Frage, wie nutzen wir die unbestimmte Zeit, die wir haben?
Ein Professor hält einen Vortrag zum Thema Prioritäten vor einer Gruppe von Studenten. Nach einer kurzen Pause wendet er sich wieder an die Gruppe: „Nun werde ich Ihnen etwas vorführen und im Zuge dessen Fragen stellen.“
Er nimmt einen leeren 5-Liter-Wasserkrug mit einer großen Öffnung und stellt ihn auf den Tisch. Dann legt er einige faustgroße Steine vorsichtig in den Wasserkrug. Als er den Krug mit den Steinen bis oben gefüllt hat und es keinen Platz für einen weiteren Stein gibt, fragt er in die Runde, ob der Krug nun voll sei. Alle antworten einstimmig: „Ja!“ Er fragt: „Wirklich?“
Er greift unter den Tisch und holt einen Behälter mit Kieselsteinen hervor. Einige hiervon kippt er in den Krug und schüttelt diesen, sodass sich die Kieselsteine in den Lücken zwischen den großen Steinen platzieren. Er fragt die Gruppe erneut: „Ist der Krug nun voll?“ Jetzt hat ihn die Klasse verstanden und einer antwortet: „Wahrscheinlich nicht!“
„Gut“, setzt der Professor fort. Er greift wieder unter den Tisch und holt einen Behälter voller Sand hervor. Er schüttet den feinen Sand in den Krug und dieser findet Platz in den Hohlräumen zwischen den großen Steinen und den Kieselsteinen.
Die erneute Frage: „Ist der Krug jetzt voll?“ „Nein!“ , ruft die Gruppe.
Darauf nimmt er eine mit Wasser gefüllte Flasche und schüttet das Wasser in den Krug – bis zum Rand. Auch das Wasser findet noch seinen Platz in den mit Steinen vollgefüllten Krug. Nun schaut er in die Runde und möchte wissen:
„Was möchte ich Ihnen mit meiner Präsentation wohl vermitteln?“
Er blickt in fragende Gesichter.
„Nun, dann will ich es Ihnen erklären. Hätte ich beim Befüllen des Kruges eine andere Reihenfolge gewählt – beispielsweise Wasser, Sand, Kieselsteine und schließlich die großen Steinen –, hätte ich im Krug sicher nicht mehr die großen Steine untergebracht. Die richtige Reihenfolge gilt es auch bei der Zeitplanung zu beachten.
Legt ihr euren Fokus zuerst auf die unwesentlichen Aufgaben (die kleinen Steine), werdet ihr eure wichtigen nicht mehr schaffen!“
(Metapher aus meinem Studienbrief/Autor unbekannt)
Rückblickend muss ich gestehen, dass ich meinen Krug viel zu oft mit Wasser und Sand gefüllt habe. Als Milan 6 Monate alt war zogen wir von unserer kleinen, lustigen Dachgeschosswohnung (Alles war schief! Niemand durfte unter der Hängelampe im Wohnzimmer stehen, aufgrund von Absturzgefahr. Lila-rosa Fliesen im Badezimmer und warmes Wasser reichte nur für 1/4 der Badewanne, sodass wir immer noch Wasser auf dem Herd kochen mussten ;D. Wir hatten keine Dusche.) in eine schöne, große und neue Maisonette Wohnung mit ausreichend Wasser für Dusche und Badewanne. Das war ein großer Schritt für uns! Aber anstatt die Zeit mit meinem Sohn zu genießen, war ich zu 50 % des Tages mit putzen beschäftigt. Ich hab jeden Tag diesen scheiß Boden gewischt und die Bäder geputzt. Wenn Besuch da war hab ich währenddessen immer gleich alles aufgeräumt, damit ja nichts dreckig wird. Das war super anstrengend, unhöfflich und man lädt selten ein. Wenn Rudi von der Arbeit kam, war ich meist schon müde, weil ich Hauptsache alles perfekt haben wollte bis er kommt…alles sauber, fertig gekocht usw. Ich ärgere mich im Nachhinein darüber. Unseren Wohnort haben wir seitdem dreimal gewechselt. Was bleibt mir davon? Der blöde Boden dankt mir bestimmt nicht dafür! Milan ist mittlerweile 13 Jahre alt und ich hätte so gern nochmal einen Tag mit ihm als Zweijährigen …zum spielen und kuscheln und toben und Bude bauen. Jetzt würde ich es anders machen, aber ich kann die Zeit nicht zurückdrehen…
Ich hab viel zu viele Tage bisher damit verschwendet zuerst Wasser, Sand und Kieselsteine in meinen Krug zu füllen. Viel zu oft erst die unwichtigen Dinge erledigt, sodass für die wichtigen keine Zeit mehr oder ich einfach zu müde war. Meine Energie ist begrenzt. Deine auch. Das interessante ist ja, dass die schönen und wichtigen Dinge in unserem Leben uns mehr Energie geben. Das Pausen und Auszeiten uns langfristig erfolgreicher und glücklicher machen.
Wenn du von oben dein Leben betrachtest, gefällt dir dann was du siehst? Nimmst du dir die Zeit für die wichtigen Menschen in deinem Leben, für die wichtigen Dinge, für deine Ziele und Träume? Wenn du dein Leben genauso weiterführst wie bisher, wirst du dann im Nachhinein sagen, dass es gut war?
Wenn ich das Glück hab alt zu werden, möchte ich zurückblicken und nicht bereuen, dass ich zu viel Zeit mit putzen, in einem schlechten Job, auf dem Sofa vor dem Fernseher, mit vergleichen, negativen Gedanken, was andere über mich denken, scrollen auf Insta und und und verschwendet habe. Ich möchte stolz und dankbar und zufrieden sein, dass ich mein Leben gelebt habe voller Mut und Lebensfreude. Und weil ich nicht weiß, ob ich alt werde, möchte ich jetzt damit anfangen das Leben zu leben, das sich lohnt zu leben. Die beste Version meiner Selbst zu werden. Wir haben nur ein paar Jahre, ein paar Tage, ein paar Minuten…was sind deine Edelsteine? Vielleicht ist heute ein guter Zeitpunkt darüber nachzudenken. Das Leben kann so schön, so aufregend, so entspannt sein, wie du es haben möchtest.
Klar ist das Leben kein Ponyhof! Oder vielleicht doch? Schließlich muss man auch auf einem Ponyhof die Scheiße wegmachen.
Aber vergiss nicht, zuerst reiten zu gehen!